Lizenzierung und Rechtssicherheit – Lösungsansätze und Workshopvideo

Wie bereits im Nachgang zu unseren vorangegangenen Workshops zum Thema Qualitätssicherung, Qualifizierungsmodelle für Multiplikatorinnen und Multiplikatoren und Geschäftsmodelle möchten wir Ihnen nun auch die Ergebnisse zum Themenschwerpunkt “Lizenzierung und Rechtssicherheit” kurz vorstellen. Sie dürfen als Zwischenstand im Sinne eines offenen Dialogs verstanden werden. Weitere Beiträge zu diesem Themenschwerpunkt werden noch bis Ende Januar 2016 an dieser Stelle veröffentlicht.

Eingeflossen ist hierin der aktuelle Stand aus der Ist-Analyse zu freien Bildungsmaterialien (OER), die Ergebnisse aus dem Analyse-Workshop, die bisherigen Fachbeiträge zum Thema “Lizenzierung und Rechtssicherheit”, die auf unserer Projektwebseite veröffentlicht wurden, sowie ergänzende Publikationen zum Thema, wie sie z. B. im Rahmen der Whitepaper für Schule, Hochschule und Weiterbildung und des “Berichts der Arbeitsgruppe aus Vertreterinnen und Vertretern der Länder und des Bundes zu Open Educational Resources (OER)” genannt werden.

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Als Auftakt zu unserem letzten von insgesamt vier Schwerpunktthemen fand unser Workshop zum Thema „Lizenzierung und Rechtssicherheit“ am 3. und 4. Dezember in Berlin statt. Insgesamt nahmen 25 Akteure aus den vier Bildungsbereichen (Schule, Hochschule, Weiterbildung, Berufliche Bildung) sowie Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft teil. Sie widmeten sich praxisnahen Fragen zu rechtlichen Grundlagen und Rahmenbedingungen sowie generellen Aspekten von Lizenzierung bei OER. Dabei war es uns wichtig, entsprechend des Multi-Stakeholder-Ansatzes, viele Sichtweisen einzubeziehen, um möglichst differenzierte Ergebnisse zum Thema zu erhalten.

In der ersten Arbeitsphase diskutierten die Teilnehmenden die folgenden Leitfragen:

  1. Welche rechtlichen Rahmenbedingungen brauchen wir im OER-Bereich? Sollte für OER in Deutschland eine separate Lizenz entwickelt werden?
  1. Freie Lizenzen als rechtlicher Rahmen – wie gut funktionieren Creative-Commons-Lizenzen in den Bildungsbereichen? Passen die CC-Lizenzen zu den Bedürfnissen der Erstellenden und Nutzenden?
  1. In welchen Beispielen aus der Praxis sind Lizenzierung und Rechtssicherheit gut angewandt? Was funktioniert wo gut oder schlecht? Wo findet man gute Beispiele für Lizenzierung/ Rechtssicherheit?

Anschließend rückten einzelne Nutzergruppen in den Fokus der nächsten Arbeitsphase. Anhand derer wurden auch Einzelaspekte aus der Diskussion zu den drei Leitfragen wieder aufgegriffen. Die Nutzergruppen wurden in drei übergeordnete Nutzergruppen unterteilt: 1. Lehrende, 2. Lernende und 3. Institutionen und Anbieter. Dabei wurden die Gruppen Lehrende und Lernende im Zuge der Gruppenarbeitsphase zusammengefasst. Die Bearbeitung der Nutzergruppen erfolgte entlang der 5Vs, die im Rahmen der Definition von Open Content näher skizziert werden: 1. Verwahren und Vervielfältigen, 2. Verwenden, 3. (Weiter-) Verarbeiten, 4. Vermischen und 5. Verbreiten. Ziel war es, einzelne Nutzungskontexte für spezifische Nutzergruppen auszudifferenzieren und damit verbundene Bedürfnisse und Hürden zu analysieren. Dies wiederum diente der Herleitung erster Ideenansätze.

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Im Hinblick auf das methodische Vorgehen im Workshop gilt es festzuhalten, dass die Gruppen in den Arbeitsphasen nicht aus der Perspektive eines einzelnen Bildungsbereichs heraus, sondern bildungsbereichsübergreifend gearbeitet haben. Die Arbeit in den bereichsübergreifenden Gruppen erwies sich als besonders sinnvoll, da das Thema “Lizenzierung und Rechtssicherheit” übergreifende Schnittstellen aufweist, was die Rechtssicherheit bei der Lizenzierung von OER anbetrifft. Am zweiten Workshop-Tag wurden die Ideen in Kleingruppen zu Lösungsansätzen ausgearbeitet. Abschließend wurden die Lösungsansätze gruppiert und bewertet. Folgende fünf Lösungsansätze wurden als besonders vielversprechend identifiziert:

  1. Beratungstelle OER-Erstellung

Die Beratungstelle für OER-Erstellung richtet sich primär an Lehrkräfte an Schulen, die bereits OER erstellen oder OER erstellen möchten, um ihnen Sicherheit im Umgang mit Lizenzen zu vermitteln. Die Beratungsstelle soll als zentrale Anlaufstelle funktionieren und über Datenschutzbeauftragte oder Gleichstellungsbeauftragte zum Einsatz kommen. Die rechtliche Beratung von Lehrkräften steht dabei im Fokus. Wie kann eine Beratungsstelle für OER-Erstellung realisiert werden? Zunächst müssen rechtliche Grundlagen geprüft und politischer Willen erzeugt werden, um eine zentrale Stelle in der Schulverwaltung einrichten zu können. Die Durchführung soll im Auftrag der Schulverwaltung seitens einer externen Stelle erfolgen.

  1. Schritt-für-Schritt-Homepage zu OER

OER MOOCS und Plattformen sind häufig zu umfangreich. Mittels einer Homepage, deren Name noch gefunden werden muss, können Personen, die sich für OER interessieren, bedürfnisorientiert an OER herangeführt werden. Dies erfolgt nach einem niedrigschwelligen Ansatz: learning by doing. Ihr Inhalt wird zielgruppenspezifisch aufbereitet — je nach Arbeitsalltag und Problemstellung in der Alltagspraxis. Die Zielgruppe sind Materialerstellende, Einzelpersonen und Fortbildende. Dabei steht die Zielgruppe im Vordergrund, nicht die Lizenzfrage und keine allgemein lizenzrechtliche Erklärung. Die Schritt-für-Schritt-Homepage beinhaltet neben den zielgruppenspezfischen Erklärungen, z. B.: Links zu frei lizenzierten Fotos und Inhalt sowie Links zu verschiedenen Tools. Die Homepage kann überall eingebunden werden. Auch für Fortbildungen können verschiedene Bausteine genutzt werden. Somit spielt sie sowohl für die Grundausbildung im Studium als auch für diejenigen, die weiter interessiert sind, eine Rolle. Die Homepage umfasst als Konzept nicht nur die Verlinkung auf Tools, sondern ist auch die Homepage der Beratungsstelle für OER-Erstellung. Die Kosten trägt der Staat.

  1. OERemix

Das OERemix-Tool arbeitet nur mit freien Inhalten. Die geremixten Materialien können individuell gestaltet, digital aufbereitet und anschließend verwendet und geteilt werden. Das Tool bietet eine einfache Handhabung, die u. a. eine automatische Abfrage von Lizenzkompatibilität ermöglicht. Es funktioniert ähnlich wie eine Software zur Erstellung von Flyern oder Fotobüchern. Das Tool richtet sich an Lehrende und bietet auch ehrenamtlichen Lehrenden sowie Geflüchteten Zugang zu freien Lehr- und Lernmaterialien. Wie bei Content-Management-Systemen könnten Templates extra dazugekauft werden (Premium). Die Idee kann über die Erstellung eines Prototyps erfolgen und weiter entwickelt werden. Anschließende Tests geben Aufschluss über die Durchführbarkeit und Umsetzung des Tools.

  1. OER unlimited

Dieser Lösungsansatz adressiert erfahrene und kommerzielle Erstellende und Nutzende von OER, die wenig Zeit und Geld haben. Dabei wird angenommen, dass OER als Grundsatz gelten können, also OER allgemein anerkannt seien und Anwendung finden können. Somit wäre die Finanzierung aus “traditionellen” Töpfen denkbar, d. h. aus den Quellen, aus denen bisher Materialien finanziert werden. Die Motivation für Erstellende und Nutzende wird durch eine Vergütung in Geld und/oder Zeit generiert. Zudem sollen Remix-Tools zur Erstellung von Bildungsmaterial komplett frei und für alle zugänglich sein. Dafür müssen neue Strukturen geschaffen werden: 1. Crowdbasierte, flexible und nutzergenerierte Inhalte, 2. Vergabeverfahren/Erstellende für Lehrinhalte beauftragen und 3. Pflege durch Crowd und Verlage.

  1. Hochschulstrategie zur OER-Erstellung

Ziel des Lösungsansatzes ist es, Medienkompetenz stärker im Hochschulalltag zu integrieren und den Umgang mit freien Lizenzen zu fördern. Dazu sollen Anreizsysteme für Lehrende an Schulen und Hochschulen und Lehramtsstudierende geschaffen werden. Für Lehrende könnte es die Ausschreibung von Lehrpreisen ein Anreiz sein. So könnte Lehrmaterial als OER erstellt werden und die Institution (Schule, Hochschule) hinter dem Einreichenden eine Entlohnung in Form eines Preises dafür erhalten. Würde die Lehrpreisvergabe institutionalisiert, könnte dies auch eine langfristig angelegte Hochschulstrategie sein. Ein weiterer Ansatz könnte die Verankerung von OER in der Lehrdeputatsverordnung sein. Herausforderung hier ist jedoch die Freiheit der Lehre an Hochschulen.

Studierende können während ihrer Lehramtsausbildung einen zusätzlichen Profilstudiengang (bspw. Medienbildung) belegen oder eine Zusatzqualifikation Medienkompetenz (Zertifikat) erwerben. Lehrende (und Studierende) können sich langfristig dafür einsetzen, einerseits vorhandenes Material in Hochschulen als OER nutzbar zu machen, denn derzeit vorhandene Materialien befinden sich in geschlossenen Lernmanagementsystemen. Andererseits könnte Material, welches von Studierenden neu erstellt wird, direkt frei lizenziert als OER für andere verfügbar gemacht werden (bspw. Unterrichtsentwürfe, Referate, Hausarbeiten). Das forschende Lehren und Lernen ist ein vielversprechender Contentpool. Für die Umsetzung des Rahmenlehrplans (BC Medienbildung) können zudem modellhafte Unterrichtsentwürfe erstellt und auf einer Plattform verfügbar gemacht werden (Repository). Ziel ist es also, bereits während der Lehramtsausbildung eine Veröffentlichungskultur zu fördern.

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Könnten diese Lösungsansätze Unsicherheiten im Umgang mit OER führen? Alle erarbeiteten Inhalte und Ergebnisse zu unseren vier Schwerpunktthemen werden in der Synthesephase gebündelt und abschließend im OER-Praxisrahmen zusammengeführt. Wir freuen uns, wenn Sie uns dabei unterstützen und sind dankbar für Ihre Ergänzungen und weiterführenden Gedanken!

An dieser Stelle auch nochmals herzlichen Dank allen Teilnehmenden für die intensive Arbeit an der Vertiefung des Themenschwerpunkts “Lizenzierung und Rechtssicherheit”.

Darüber hinaus möchten wir Ihnen unser Workshopvideo zum Themenschwerpunkt “Lizenzierung und Rechtssicherheit” präsentieren und uns bei allen Interviewpartnerinnen und -partnern für die Teilnahme und die dafür aufgewendete Zeit namentlich bedanken: Cornelia Brückner, Melanie van Luijn, Stefan Will, André Hermes, Tim Schmalfeldt und Lukas Mezger

Alle Bilder des Workshops zum Thema “Lizenzierung und Rechtssicherheit” können sie auch auf Wikimedia Commons finden.

Beitragsbilder: Ole Schwarz, https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/

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